Auswahl
vorsicht ! frühling !
vorsicht ! frühling !
kroküsse schmatzen park- und wiesenweit
die veilchen, wieder blau und wieder dieser duft
zu viele hyazinthen
schon wieder ginster und die luft
wirft schmetterlinge um sich, blütenstaub
und andere nasenreitzer
die sonne blendet, der pullover ist zu warm
dann schauern schnee und regen um die wette
der wind mal kalt, mal lau, er haucht und faucht
die laune schwankt von hasse dich nach kann
dich auch nicht leiden bis ich brauche dich
das gras, die haare wachsen rasend schnell
noch schneller liebt es sich in diesen tagen
und paare nehmen schrittgleich ihren lauf
katz, has und hund ziehn frische felle über
bespringen, was sich lässt
jetzt kommen noch die heil’gen osterbräuche
es wedelt palm, es weihraucht bis es stinkt
bis unser aller herr im kitsch versinkt
dann ist es endlich mit dem frühling aus
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und fragst du mich
ob ich ihn - heimlich! - schätze
ich liebe ihn! auch wenn ich ätze.
verborkt
verborkt
die großen, runden blätter des baumes schwätzen geschäftig, als sie sich nähert, trocken rascheln sie einander zu.
sie kommt noch näher, lehnt sich gegen den rissigen stamm. die blätter halten inne, schweigen.
dann setzt das geraschel wieder ein.
seid ruhig, alles wird gut, sagt sie.
sie streichelt die rinde, die rinde gibt nach.
sie zieht sie mit der hand einen tiefen spalt in das holz, tritt hinein, die borke schließt sich.
körpersäfte ziehen sich zurück, sinken dem boden, den wurzeln entgegen.
ihr seid nur mein haar, sagt sie stumm zu den blättern, fallt ruhig aus, ihr wachst wieder nach, mein puls schlägt stark in der erde, die kraft kommt von unten, ich sinke und steige zugleich.
hundert geburtstage werde ich haben, jahresringe sammeln statt schmuck, menschen beim leben und sterben zusehen.
sie schüttelt den kopf im aufkommenden wind, ihre gedanken fliegen mit den blättern bunt über die wiese.
als sie zum abendessen nicht erscheint, sucht man sie, findet schuhe und kleidung ordentlich gestapelt neben dem baum.
am nächsten morgen kommt der forstmeister vorbei, betrachtet den baum, klopft prüfend auf den stamm.
du verfaulst innen, sagt er, morgen wirst du gefällt.
leder aus besten händen
leder aus besten händen
lese ich auf einem kleinen schild mitten in der auslage eines geschäftes für handtaschen und handschuhe.
wenn ich jetzt hier hinein ginge und fragte, wessen hände sind die besten im geschäft, käme der verkäufer, sagte mir, die unseres chefs, darauf bäte ich ihn, den chef zu rufen, den ich fragen würde, ob es ihm recht wäre, handschuhe für mich aus seinen händen anzufertigen, worauf er wohl zustimmte und ich darauf seine hände anzusehen wünschte, er sie mir hinhielte, und ich dann sagen müsste, diese hände sind nicht mehr neuwertig aber wirklich weich, was kosten handschuhe aus ihren händen also, und er würde lächeln, für sie nur soundsoviel, beste arbeit garantiert und auch ich würde lächeln und „einverstanden“ sagen, mein messer aus der handtasche ziehen und erst seine rechte hand in meine linke nehmen und flink mit dem messer sein gelenk durchtrennen, dann mit seiner linken hand das selbe machen und sagen, wann sind meine neuen handschuhe aus ihren händen fertig zum abholen, ich freue mich schon so darauf – das schild müssen sie jetzt aber aus der auslage nehmen, denn das leder aus den besten händen wird ja für mich verarbeitet, steht also niemandem mehr zu verfügung, schönen tag noch und auf wiedersehen, riefe ich dem chef und dem verkäufer noch zu bevor ich das geschäft wieder verließe.
ton folgen
ton folgen
wie würde es klingen, dachte er, durch den garten spazierend,
wenn der granatapfelbaum sänge,
würden die äpfel, schnitte man sie in spalten, zu noten und tönen,
zu oktaven, terzen und quinten?
oder die kleinen kerne, verpackt im roten fruchtfleisch
zu einem atonalen geordneten chaos?
oder würde aus dem stamm eine melodie durch die buschkrone nach oben wachsen und über die mauer des gartens fliegen, purpurn und grün?
wie würde der teich klingen, überlegte er, weitergehend,
sprängen klirrende tropfen in höchste höhen, fielen in kaskaden zurück?
wären die fische lustig genug, mit zu steigen, zu fallen?
wie klänge der teich, wäre er leer?
wenn das muster dieses schals, jede blume, jedes ornament zu tönen würde, sich schillernd mischte, dann wieder trennte, kehrte alles unverändert auf seinen platz zurück?
und der fuchs, der einen vogel mit lahmem flügel jagt,
er war an der volière in der hintersten ecke des gartens angekommen und beobachtete die kleinen, bunten papageien,
könnte es sein, dass der vogel in seiner not so bezaubernde melodien fände,
dass der fuchs innehielte und lauschte –
und der vogel sänge und sänge –
und der fuchs lauschte und lauschte –
fräße der fuchs den vogel am ende –
nein, dachte er, zurück kehrend durch den garten,
es würde sein wie in tausend und einer nacht,
der fuchs hätte sich längst in den vogel verliebt
sie säßen eng umschlungen im granatapfelbaum.